Unseriöse Kapitalanlagen - Wie die Anleger rechtlich geschützt werden

Margo M. Kroll · ·

Etwa 70% der Deutschen vertreten die Meinung, dass die Banken, Versicherungen und Finanzdienstleister in Deutschland, wenn es um den Verbraucherschutz geht, nicht ausreichend kontrolliert werden (Quelle: Statista 2010). Trotzdem ermittelte der Bundesverband Deutscher Banken, dass bis Ende 2008 1.7 Billionen € bereits in Spareinlagen sowie Bargeld, 1.2 Billionen € in Versicherungen, 497 Mrd. € in Investmentfonds, 166 Mrd. € in Aktien sowie 439 Mrd. € in sonstigen Kapitalanlagen ruhten. Geldanlagen trotz mangelnder Kontrolle – ein Paradox. Die Anleger haben jedoch keine andere Wahl, denn besser wenn das Geld arbeitet, als in der Spardose verlustig geht. Gibt es aber genügend Kontroll- und Abwehrmittel gegen unseriöse Kapitalanlagen?

Der Kapitalmarkt ist heutzutage enorm diversifiziert, daher ist es fast unmöglich, diese Branche vollständig zu regulieren. Der Kapitalmarkt als Teil des gesamten Finanzmarktes wird in den organisierten und den nicht organisierten, sog. grauen Kapitalmarkt unterschieden. Zu Produkten des regulierten Kapitalmarktes zählen Aktien und Anleihen sowie deren diverse Sonderformen. Zu Produkten des nicht regulierten Kapitalmarktes gehören wiederum u.a. geschlossene Fonds oft in Form von Unternehmensbeteiligungen wie Immobilienfonds sowie nicht-börsennotierte Aktien. Der regulierte Kapitalmarkt unterliegt im Gegensatz zu dem Unregulierten der staatlichen Aufsicht. Auf beide Kapitalmärkte finden dabei die Grundsätze des Kapitalanlagerechts Anwendung.

Die Kapitalanlagen werden durch den Anleger grundsätzlich unter Zuhilfenahme eines Beraters nach dem Zweck, Sicherheit, Laufzeit und die zu erzielende Rendite ausgesucht. Da jedoch der Beruf des Finanzberaters nicht reguliert ist und somit jeder diesen ohne eine besondere Ausbildung ausüben kann, werden oft die Ziele der abgeschlossenen Geldanlage nicht erfüllt. Aber auch die Emittenten der Kapitalanlagen arbeiten nicht immer mit sauberen Mitteln. Dem Anleger hilft somit bei der Durchsetzung seiner Ansprüche das Kapitalanlagerecht. Unter dem Kapitalanlagerecht werden die Regelungen verstanden, die den Anleger mittelbar (staatliche Aufsicht) oder unmittelbar (z.B. Verbrauscherschutz) betreffen. Es ist zum größten Teil Anlegerschutzrecht, denn dadurch ein Gleichgewicht in der Beziehung zwischen dem bedingungsstellenden Anbieter bzw. Finanzvermittler und im Kapitalmarkt oft schutzlosen Anleger erreicht wird.

Von Bedeutung ist es, ob der Anleger, der sein Vermögen in eine Kapitalanlage investiert hat, Verbraucher bzw. Unternehmen ist. Ist er Verbraucher, so finden die verbraucherschutzrechtlichen Bestimmungen Anwendung. Nicht jedoch jede natürliche Person ist als typischer Verbraucher im Zusammenhang mit Kapitalanlagen zu schützen, denn derjenige, der ein risikobehaftetes Geschäft eingeht nicht den gleichen Schutz genießen kann wie derjenige, der ein Kredit zur Abdeckung des täglichen Gebrauchs aufnimmt.

Dem geschädigten Anleger stehen oft bei dem Eingehen einer Investition zwei Personen gegenüber: der Anbieter der Kapitalanlage sowie der Anlageberater oder -vermittler. Der Anlagevermittler ist ein Bindeglied zwischen den eigentlichen Parteien des Vertrages, der die Kapitalanlage an den Anleger vertreibt. Der Anleger kann daher seine Rechte gegenüber dem Anbieter oder dem Anlageberater geltend machen. Oft handelt es sich jedoch um erhebliche Geldbeträge, die in die Anlage investiert wurden, die jedoch nur bei dem Anbieter der Anlage selbst zurückzuholen wären als bei dem oft nicht vermögenden Vermittler oder Anlageberater.

Der Anlageberater schuldet eine anlegergerechte und objektgerechte Beratung. Anlegergerecht ist die Beratung, wenn der Berater das Anlageziel des Kunden und sein einschlägiges Fachwissen abklärt und objektgerecht, wenn über alle Umstände und Risiken, die für die Anlageentscheidung Bedeutung haben, richtig und vollständig informiert und aufgeklärt wird. Dabei ist es entscheidend, dass der Anleger über die Eigenschaften der Anlage aufgeklärt wird, die für die jeweilige Anlageentscheidung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können. Dazu zählen insbesondere diverse Risiken wie: Kurs-, Zins- Währungsrisiko aber auch das Risiko des Totalverlustes oder Entwicklung des Markets.

Und so muss der beratende Verkäufer bei dem Immobilienkauf nicht nur über die Höhe der Erwerbskosten und die steuerlichen Abzugsmöglichkeiten informieren, sondern er ist auch verpflichtet, sonstige Tatsachenangaben wie die monatlichen Belastungen und das Mietausfallrisiko wahrheitsgemäß zu machen. Im Fall von Wertpapieren trifft die Bank die Pflicht, die empfohlenen Wertpapiere zu überprüfen. So hat sie die Wirtschaftspresse sowie Ratings-Agenturen in dem Zusammenhang zu verfolgen. Wertpapierdienstleistungsunternehmen haben von den Kunden umfangreiche Informationen einzuholen insbesondere über die finanziellen Verhältnisse (Regelmäßigkeit und Höhe des Einkommens, finanzielle Verpflichtungen, Vermögen), Anlageziele, Risikobereitschaft, Zweck der Anlage, Kenntnisse und Erfahrungen des Kunden. Gibt der Kunde diese Auskünfte nicht oder erhebt das Wertpapierdienstleistungsunternehmen diese nicht, so darf ein Finanzinstrument nicht empfohlen werden. Banken, Finanzdienstleister, Anlageberater und Vermittler, die den Vertrieb von Wertpapieren, insbesondere von Schuldverschreibungen und Zertifikaten vornehmen, sind zudem verpflichtet den Kunden unaufgefordert über Kosten und Nebenkosten, einschließlich aller damit verbundenen Gebühren, (Innen-)Provisionen, Entgelte und Auslagen aufzuklären. Bei Beteiligungen an Unternehmen ist der Berater verpflichtet, auch Informationen über das Unternehmen selbst offen zu legen. Dies gilt bei stillen Beteiligungen an Unternehmen, insbesondere bzgl. des Totalverlustrisikos der Anlage. Auch die in das Unternehmen fließenden Fremdgelder oder die Interessenkonflikte des Unternehmensmanagements sind zu offenbaren.

Der Anleger ist jedoch nicht nur Schutzobjekt im Kapitalanlagerecht, er trägt selbst - je nach Anlageform - Haftung und Risiken. In Wertpapiergeschäften trägt er das Kursrisiko. Dabei müssen immer die Erfahrungen und Kenntnisse des Anlegers über den Kapitalmarkt berücksichtigt werden. Er darf daher nicht blind auf Anlagen vertrauen, die als extrem rentabel und dabei lückenlos sicher verkauft werden.

Ist der Anleger mit der Kapitalanlage nicht zufrieden, so kann er seine Erklärung auf Vertragsabschluss widerrufen. Das Widerrufsrecht findet insbesondere bei Haustür- und Fernabsatzgeschäften Anwendung. Danach hat der Anleger die Möglichkeit innerhalb von zwei Wochen den Widerruf ohne Nennung von Gründen in Textform zu erklären. Die Widerrufsfrist beginnt mit der Aushändigung der Widerrufsbelehrung. Wurde diese erst nach Vertragsschluss ausgehändigt, so verlängert sich die Frist auf einen Monat. Liegt keine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung vor, so kann der Widerruf auch später erfolgen.

Ist jedoch die Widerrufsfrist verstrichen, so bleibt dem Anleger die Kündigung der Kapitalanlage übrig. Eine ordentliche Kündigung ist hier jedoch selten möglich, da die meisten Produkte des Kapitalmarktes über fest Laufzeiten verfügen. Anders jedoch mit außerordentlicher Kündigung aus wichtigem Grund, die nicht ausgeschlossen werden kann. Diese kommt vor allem bei fehlerhafter Aufklärung und Beratung sowohl durch den Vermittler als auch durch den Anbieter im Emissionsprospekt selbst. Daneben kann der Anleger auch Schadensansprüche geltend machen, wobei er so zu stellen ist, als hätte er aufgrund der fehlerhaften Aufklärung und Beratung die Anlage nicht getätigt. Somit erhält der Anleger den Kaufpreis, den er für die Anlage erbracht hat, als auch die aufgewandten Zinsen zurück. Andererseits müssen die vom Anleger durch die Kapitalanlage erlangten Vorteile wie z.B. Steuervorteile, auf den Schaden angerechnet werden. Entscheidend ist jedoch, dass der Anleger einen Beweis vorlegen muss, dass er nicht ordnungsgemäß aufgeklärt wurde. Diesem Zweck dient das Beratungsprotokoll, das von dem Anleger vor der Unterschrift sorgfältig durchzulesen ist.

Die Schadenersatzansprüche können auch auf unerlaubter Handlung wie z.B. Betrug oder sittenwidrige Handlung beruhen. Die Kapitalanlage kann aber auch bei arglistiger Täuschung angefochten werden. Diese Ansprüche sind jedoch wegen der Beweisführung bzgl. der Absicht der Irreführung schwer durchzusetzen.

Können die Ansprüche nicht gütlich außergerichtlich durchgesetzt werden, so muss das zuständige Gericht angerufen werden. Zuständig ist das Gericht, wo der Gegner seinen Wohnsitz hat. Möglich ist dabei auch die Klageeinreichung vor dem Gericht, wo der Gegner über seine gewerbliche Niederlassung verfügt oder an dem Ort des Vertragsabschlusses. Wird der Gegner wegen einer unerlaubten Handlung verfolgt, so muss die Klage bei dem Gericht eingereicht werden, wo die Handlung stattgefunden hat. Auch Klagen wegen falschen, irreführenden und unterlassenen Kapitalmarktinformationen müssen am Sitz des Emittenten verhandelt werden.

Nicht zuletzt ist auch die Problematik der Verjährung anzusprechen. Die Regelverjährung beträgt drei Jahre. Bestehen mehrere Ansprüche nebeneinander, so können sie unterschiedlichen Verjährungsregelungen unterfallen, bei denen es jeweils auf den Fristbeginn und die Fristdauer ankommt. Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt ab dem Zeitpunkt, in dem der Anleger von seinem Anspruch Kenntnis erlangt hat. Anders bei Ansprüchen aus Prospekthaftung, die in sechs Monaten ab Kenntnis des Prospektmangels verjähren.

Das Kapitalanlagerecht und damit zusammenhängender Anlegerschutz sind umfassende Rechtsgebiete, die stets an Besonderheiten des Einzelfalls beurteilt werden müssen. Es ist daher unerlässlich einen Rechtsanwalt einzuschalten, der die Chancen und Risiken der Angelegenheit am besten einschätzen kann. Im Hinblick jedoch auf die kurzen Verjährungsfristen soll nicht gezögert werden.